10, 1: Während Psalm 9 mit Lobpreis begann, beginnt Psalm 10 mit Verzweiflung. In Psalm 9 blickte der Psalmist zuversichtlich auf das sichere Eintreffen göttlicher Gerechtigkeit; in Psalm 10 grassiert Ungerechtigkeit und Gott scheint daran nicht interessiert zu sein. Doch der Psalmist, der mehr im Schauen wandelt als im Glauben, wird allmählich umdenken, wenn er von empirischen Beobachtungen wegschaut und sich zu theologischen Tatsachen hinwendet. Das ist keine leichte Kehrtwende, insbesondere deshalb, weil er von so vielen praktizierenden Atheisten umgeben ist (vgl. V. 4.11.13). Doch für den Hilflosen beginnt sich ein Silberstreif der Hoffnung abzuzeichnen (z.B. V. 12). Angesichts solcher allgemeinen Beobachtungen liefern die Aussagen des Psalmisten in Psalm 10 Beispiele dafür, wie wahre Gläubige anscheinend in zwei verschiedenen Welten gleichzeitig leben. I. Vom Blickwinkel seiner feindseligen Welt: Entmutigung (10, 1-11) II. Vom Blickwinkel seiner hoffnungsvollen Welt: Ermutigung (10, 12-18) 10, 1 warum …? Der Psalmist stellt zwei klagende Warum-Fragen: »Gott, warum bleibst du auf Distanz?« (vgl. Psalm 13, 1; 22, 11; 38, 21; 44, 24; 71, 12; 88, 14).