Produktinformationen "Frei und doch gefesselt" WOZU lebe ich? WOHER komme ich und WOHIN gehe ich? Bin ich hineingeworfen in das Leben – zum Dasein verflucht? Fünf Lebensschicksale geben eine Antwort: BENEDIKT reiste nach Indien, mietete am Fuß des Himalaja ein Haus und schien, mit reichlich Geld und Drogen versorgt, zunächst am Ziel seiner Träume zu sein. KURT brannte als Junge zu Hause durch und landete auf der Suche nach dem totalen Kick zunächst in der Fremdenlegion. GITTI ist leidenschaftliche Bergsteigerin – zielstrebig, aber auch rücksichtslos – und lernt sowohl die Faszination der Berge als auch die Niederungen der Moon-Sekte kennen. ALI war islamischer Priester und Stolz seiner kurdischen Familie, bis er seine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Koran nicht länger verbergen konnte, nach Deutschland ausreiste und infolge eines stümperhaften Raubüberfalles im Knast einige Jahre Zeit zum Nachdenken hatte. ANDREAS liebte schon in jungen Jahren den Wettlauf mit dem Tod und suchte später als Fallensteller und Pelzjäger im kühlen Norden Kanadas und als Ausbilder militärischer Gruppen in der heißen Sahara Lebenserfüllung.
Inhaltsverzeichnis: Ende einer Illusion - am Fuß des Himalaja - Benedikt Peters Deserteur des Lebens - Kurt Becker »Jeder hat so seinen Vogel...« - Gitti Niederseer Von Mohammed zu Christus - Ali Çobanoglu Kaltes Herz - Andreas Lindner Wie dumm muss man sein, um glauben zu können? - Wolfgang Bühne
Ende einer Illusion - am Fuß des Himalaja - BENEDIKT PETERS »AHL-UL-KITAB« – »Volk des Buches« – dieses arabische Wort gebraucht ein Muslim, wenn er von den Christen redet. Ich hätte nie gedacht, dass ich auch einmal zum »Volk des Buches« gehören würde. Doch die Bibel, das Buch der Bücher, hat schließlich mein Leben verändert und geprägt. In Finnland – also in einem Land, in dessen Familien es bis vor wenigen Jahren noch üblich war, eine Bibel im Haus zu haben und ab und zu auch darin zu lesen – bin ich geboren und aufgewachsen. Allerdings hatte meine Familie keine Beziehung mehr zur Bibel. Als ich dann aber aus Anstandsgründen trotzdem konfirmiert werden sollte – wir waren inzwischen in die Schweiz gezogen –, hatte ich eigentlich schon eine klare Entscheidung getroffen. Bei der Konfirmation sollten wir eine Art Treuegelöbnis ablegen, dass wir unser weiteres Leben unter der Führung Jesu Christi gestalten wollten. Allerdings brauchten wir damals unser Versprechen nicht laut auszusprechen, denn dann hätte ich wahrscheinlich gelogen, sondern wir konnten still für uns selbst auf die Frage des Pfarrers eine Antwort geben. Ich habe damals aus voller Überzeugung geantwortet: »Nein, das will ich nicht. Ich habe kein Interesse daran, Jesus nachzufolgen.« Natürlich ließ ich mich trotzdem konfirmieren, aber die Konfirmation war für mich die Abschiedsfeier von aller Religiosität und vom Christentum. In den folgenden 4 bis 5 Jahren habe ich keine Bibel mehr angerührt und an keiner christlichen Veranstaltung oder sonst einer Sache, die irgendetwas mit dem Christentum zu tun hatte, teilgenommen. Nachdem ich mein Abitur hinter mich gebracht hatte, wollte ich endlich einmal die Welt kennenlernen. In der Schweiz, so meinte ich, war alles so kleinkariert, verklemmt, viel zu genau, zu ordentlich und zu geregelt. Ich wollte frei sein und glaubte, dass Freiheit darin besteht, tun und lassen zu können, was man will. Und das war meiner Überzeugung nach nur in einem Land möglich, wo man nicht alles so genau nimmt, wo man nicht arbeiten muss und wo man die Dinge bekommt, die man genießen möchte. Für mich gab es nur ein Land, das infrage kam: Indien, das gelobte Land. Bereits ein Jahr vor meiner Abreise dorthin hatte ich mich oft mit meinem Freund getroffen und dann haben wir uns in den schillerndsten Farben ausgemalt, wie es dort sein würde. Wir träumten davon, irgendwo am Fuß des Himalaja, wo es ruhig ist und die Menschen zufrieden sind, ein Haus für uns zu haben, genügend Geld, um nicht arbeiten zu müssen, und vor allem ausreichend mit Drogen versorgt zu sein, die wir damals nahmen, weil wir das Leben sonst nicht ertragen hätten. Nun, das waren schöne Träume und meistens gehen Träume nicht in Erfüllung. Aber das Erstaunliche war, dass unser Traum buchstäblich in Erfüllung ging. Es kam der Tag, an dem ich im friedlichen Indien, am Fuß des Himalaja in einem gemieteten Haus wohnte. Ich hatte genügend Geld, um auch längere Zeit nicht arbeiten zu müssen, und hatte vor allem die Drogen. Nun war ich am Ziel meiner Träume und hätte eigentlich der glücklichste Mensch auf Erden sein müssen. Aber weit gefehlt! Mit der Erfüllung meiner Träume hatte ich alle Illusionen verloren. Damals fühlte ich mich unglücklicher als je zuvor. In der ersehnten Abgeschiedenheit am Fuß des...